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Hallo.

Mein Name ist Okka.
Dieses Blog handelt von
den Dingen, die ich liebe – Büchern, Filmen, Mode,
Beauty, Kochen, Reisen.
Und vom Leben mit meinen beiden Töchtern in Berlin. 
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ER UND ICH, EIN JAPANISCHES RESTAURANT NAMENS ZENKICHI UND SAKE, SEHR VIEL DAVON

ER UND ICH, EIN JAPANISCHES RESTAURANT NAMENS ZENKICHI UND SAKE, SEHR VIEL DAVON

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Es ist nicht einmal Fernweh, eher Nahweh. Die Sehnsucht nach einem Ort, an dem alles anders ist. Der mich herausholt aus dem Leben, in dem ich mich gut eingerichtet habe, hin und wieder (und gerade mehr als sonst), aber auch zu sehr vergrabe. Ein Ort, der einen daran erinnert, was draußen noch alles auf einen wartet. Ein Ort, an dem Erfahrungen in einen einschlagen wie Blitze, irgendetwas in einem treffen, von dem man gar nicht wusste, dass man es in sich hat. Eine Freude, eine Neugier, eine Aufregung. Vielleicht auch nur das Gefühl, mal wieder hellwach zu sein.

Das Zenkichi ist so ein Ort.

Dabei wollte ich erst gar nicht hin. Zum ersten Mal seit Monaten hatten wir einen Babysitter engagiert, im dritten Anlauf. Wie sehr hatte ich mich auf diesen Abend gefreut. Nur wir beide und Zeit für uns. Dann hätte ich am liebsten wieder abgesagt, müde wie ich war. Nicht einmal unausgeschlafen, eher bewölkt. Wie diese Tage, an denen der Himmel sich nicht dazu entschließen kann, so auszusehen, wie Kinder ihn malen. Dann gingen wir doch, schon weil es unhöflich gewesen wäre, so kurzfristig abzusagen. Ich zog mich zweimal um. Ich malte mir die Lippen knallrot und dann ein bisschen weniger knallrot. Als wäre es unser erstes Date. Aber ein bisschen war es das ja auch.

Ich wusste nichts über das Zenkichi, außer dass es ein modernes japanisches Restaurant ist, von dem mir merkwürdig viele Bekannte vorschwärmten, selbst wenn ich sie überhaupt nicht danach fragte. Vielleicht hat es auch damit zu tun, dass man fürs Zenkichi hinuntersteigen muss in den Keller eines ziemlich uninteressanten Bürogebäudes in der Mitte Berlins. Unten ist es halbdunkel. Es gibt kleine Wege, die aussehen, als spazierte man durch einen verwunschenen Garten. Es gibt Kieselsteine und sehr viel Bambus. Und es riecht wahnsinnig gut. Wie unaufdringliche Räucherstäbchen (die Sorte, die ich nie finde, wenn ich sie suche). Wir werden in eine Art Separee geführt, das man mit kleinen Bambus-Jalousien verschließen kann, und bestellen ein Menü aus acht Speisen. Sushi oder Wein gibt es hier nicht. Dafür Gerichte wie „Hausgemachter Seidentofu mit Shishito-Miso und Arima-Sansho-Pfeffer”. Oder „Saisonales Gemüse-Tempura mit Matcha-Salz.” Oder „Feine Scheiben vom Schweinerückensteak leicht gekocht im warmen Sake, serviert mit cremiger Sesam-Soße.” Man wird gefragt, ob man dazu eine Omakase-Sake-Begleitung möchte – sechs verschiedene Sakes zum Probieren und Kennenlernen, auch einen zum Dessert. Natürlich sagen wir ja. Obwohl wir, ohne besondere Gründe dafür zu haben, kaum jemals Alkohol trinken. Nach meiner zweiten Schwangerschaft haben wir es uns nicht wieder angewöhnt.

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Dann essen wir uns weit, weit weg. Gut möglich, dass es auch am Sake lag, obwohl er uns überraschend wenig betrunken machte, eher klar. Ausgewählt von Motoko Watanabe, die das Zenkichi zusammen mit ihrem Mann Shaul Margulies erfunden hat. Sie betreiben auch ein Zenkichi in New York und das „House of Small Wonder”, einer meiner liebsten Frühstücksorte in Berlin, nicht nur, aber auch, weil man sich dort schon beim Hinsetzen fühlt, als wäre man gerade in den Urlaub gefahren. Als sie sich zu uns setzt, erzählt sie uns von ihren Reisen nach Japan alle paar Monate, wo sie sich mit kleinen Sake-Herstellern trifft. Menschen, die fast religiös am exakt richtigen Geschmack arbeiten. Denn Sake ist ein Getränk, dessen Herstellung außerordentlich anspruchsvoll ist. Motoko Watanabe kennt jede der Brauereien, viele der Sakes im Zenkichi gibt es sonst nur in Japan. Nachdem sie sich verabschiedet hat, geht es los. Der erste Gang, für ihn etwas mit Fisch, für mich etwas mit Rind, dazu ein kleines Holztablett mit zwei Sakes, jeder von einer Art Visitenkarte begleitet, die ihn vorstellt. „Kame No Umi – Tsuchiya Brauerei, 1900, Nagano” steht dort: „Elegant fruchtige Note, an Honigmelone erinnernd. Die charakteristische saftige Süße sowie der runde Geschmack des Reises sorgen für eine angenehme Textur.” Oder: „Sawahime Kasumi-Zake – Inoue Seikichi Shoten Brauerei, 1868, Tochigi: Dieser Sake wird wortwörtlich „Nebliger Sake” genannt. Er ist frisch, leicht und ein bisschen prickelnd. Helle Noten von fein gemahlenem Reis mit einem Hauch von Ananas.” Wir beginnen fast ein wenig scheu. Das Essen sieht so kostbar aus, dass man sich gar nicht darüber hermachen mag. Gerichte wie Gedichte. Oder wie Menschen auf der Straße, nach denen man sich umdreht, weil sie irgendetwas haben. Dabei verzichtet dieses Essen vollkommen auf Lautstärke. Es ist aber auch nicht leise. Ach, ich weiß auch nicht. Man nimmt einen Bissen und staunt. Isst weiter, staunt weiter, grinst in sich hinein. Schmeckt dem hinterher, was fremd und doch merkwürdig vertraut ist. Wir schieben einander unsere Tellerchen und Schüsselchen zu, jedenfalls, wenn er keinen Fisch hatte. Das Schmecken nimmt sich Zeit hier. Wir tun es auch.

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Dazu also Sake. Was mich daran am meisten erstaunt: Wie sanft und weich Sake ist. Wahnsinnig elegant. Er überwältigt einen nicht, eher redet er mit einem, erzählt Geschichten, denen man gerne zuhört. Was mich auch erstaunt hat: Wie etwas, das aus nur drei Zutaten gemacht wird – Reis, Wasser und Koji, was im Menü als „fermentierte Kultur” und beim Nachlesen als „hefeähnlicher Pilz” erklärt wird – so unterschiedlich schmecken kann. Nach Zuckerwatte und Ananas, nach gerösteten Nüssen, nach Nebel, so verrückt das klingt.

Nach ein paar Stunden gehen wir verkichert nach Hause, als teilten wir ein Geheimnis, von dem niemand erfahren darf. Später kann ich nicht einschlafen. Die Cremigkeit dieses Tofus, nie habe ich besseren gegessen, die Würzigkeit der Brühe, kräftig, ohne im Weg herumzustehen, oder die Bitternis des Grapefruitgelées mit japanischem Seegras, das ich zum Nachtisch bestellte. Hatte ich nicht immer geschworen, Bitterkeit gar nicht zu mögen? Ob ich uns als Erinnerung an diesen Abend eine Flasche von unserem Lieblingssake kaufe – „Taiheizan Tenko – elegante Aromen von Cantaloupe-Melone und Birne”? Am nächsten Morgen frage ich mich kurz, ob ich das alles nur geträumt habe. Dann blinzle ich das Verschlafensein weg und bin so wach wie lange nicht mehr.

Zenkichi Berlin, Johannisstr. 20, 10117 Berlin, Reservierungen online oder telefonisch unter: 030–24 63 08 10, zenkichi.de

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Zu diesem Essen im Zenkichi wurden wir großzügigerweise eingeladen. Dieser Text wurde aber ganz freiwillig und unabhängig verfasst. Alle Fotos: Nils Hagenau. Alle Verlinkungen sind ein redaktioneller Service.

PLAYLIST: LOVELY DAY

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DER JANUAR 2020 – UND WAS IHN GUT GEMACHT HAT

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